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von Cannibal » Fr Sep 18, 2009 10:42 am
Hm, alles in allem muss ich sagen, dass ich da sicher ein bisschen befangen bin, weil mich seine bloße Präsenz schon freut. Aber wenn ich möglichst objektiv bleibe: Im Schulnotensystem wäre es in meinen Augen befriedigend. Soviel zur Kurzfassung.
Wenn's dich interessiert, meine Meinung im Detail:
Wenn man die Show zweiteilt wird man ihr vermutlich am besten gerecht:
Der Stand-up-Teil, wo er einfach alleine vor der Kamera steht und das tagespolitische Geschehen kommentiert war in alter Schmidt-Qualität - also sehr gut. Auch das Interview mit dem Gast (Wolfgang Grupp) war im Wesentlichen wie früher.
Jetzt der etwas problematischere Mittelteil: Schmidt hat schon früher in Interviews immer wieder erwähnt, dass er sich irgendwann einmal an der Daily Show (Jon Stewart) orientieren möchte. Von daher war mir schon vor dem Start klar, was zu erwarten ist, wenn er das wahrmacht: viele Einspieler mit Zusammenschnitten von Nachrichtensendungen, Polit-Talkshows etc. sowie das Hinzuziehen von "Korrespondenten", die im Dialog mit dem Moderator für Lacher sorgen sollen. Und genau das ist auch so gekommen.
Das Problem ist aber, dass das in Deutschland einfach nicht so funktionieren kann wie in den USA, zum einen, weil er mit diesen Korrespondeten aktuelle Themen regelrecht ausschlachtet, was in den USA funktioniert, weil unzählige Medien selbst Kleinigkeiten hypen und so dem Zuseher von vornheiren im Gedächtnis sind. Das klappt in Deutschland schon einmal nicht, weil die europäische Nachrichtenwelt (vielleicht von der britischen abgesehen) nicht so aufdringlich und omnipräsent ist. Z.B. gab es ein Segment, in dem er mit einer fiktiven Kinoexpertin (Kathrin Bauerfeind, die vorher als Auslandskorrespondentin aufgetreten ist) aktuelle Filme analysiert hat. Wenn man jetzt aber (wie ich) keinen blassen Dunst hat, worum es in manchen aktuellen Kinofilmen geht, kann das nicht lustig gewesen sein. Ein bisschen besser war vielleicht das Literatur-Segment, wo er ebenfalls mit zwei "Experten" gesprochen hat. Aber auch da war eine Forderung an den Zuseher, dass er sich halbwegs zurecht findet (nicht dass ich jetzt ein großer Kenner zeitgenössischer Literatur wäre).
Was insgesamt auffällt, ist, dass die Show wesentlich "erwachsener" wirkt. Also sie ist im Prinzip genauso aufgezogen wie ein Wochenmagazin und will ein seriöses Outfit bieten, was ja bei der Daily Show auch der Fall ist, nur dass sich diese zu fast 90% auf Politik konzentriert und im Stil einer Nachrichtensendung aufgezogen ist. Mit dem Unterschied, dass Jon Stewart quirlig und streckenweise unglaublich frech und teilweise auch vulgär auftritt. Schmidt lässt da jetzt eher den erhabenen Fernsehmoderator raushängen.
Aber gut, man muss abwarten ob sich das noch einspielt und besser wird. Allerdings wirkt es auf mich so, als ob er einfach keine Lust mehr hat, eine Show selbst zu bestreiten (wie es sich die meisten vermutlich wünschen würden). Und ich kann mir gut vorstellen, dass er ganz mit dem Fernsehen aufhört, wenn dieses Format baden geht (obwohl er das in Interviews immer bestreitet und sagt, weitermachen zu wollen, bis er tot umfällt).
Kleiner Anreiz zum Schluß: Nächste Woche hat er Claus Peymann zu Gast, wer die Vorgeschichte zwischen Schmidt und Peymann nicht kennt, kann ja einmal ein bisschen googlen. Also das wird sicher sehr lustig.