EU-Verfassung
Verfasst: Mi Mai 04, 2005 11:01 pm
Europa am Scheideweg
Warum Österreichs wichtigste Wahl des Jahrzehnts in Frankreich stattfindet.
Kaum jemand ist sich hierzulande dessen bewusst, dass in wenigen Wochen die für Österreichs Zukunft entscheidendste Wahl der letzten und nächsten zehn Jahre stattfinden wird. Groteskerweise dürfen die Österreicher dabei aber nicht mitstimmen! Es handelt sich nämlich um eine Volksabstimmung in Frankreich, in der über eine Verfassung für ganz Europa entschieden wird.
Mit dieser Verfassung, sollte sie einmal tatsächlich Realität werden, würde Europa endlich zu einem richtigen Staatenbund ähnlich der Vereinigten Staaten. Bisher war ja die Europäische Union nicht viel mehr als eine Interessensgemeinschaft einzelner Nationalstaaten, die vorwiegend auf wirtschaftlicher Ebene eng miteinander zu kooperieren suchten.
Obwohl viele, sobald sie davon hören, das Gegenteil glauben, ist die europäische Verfassung keineswegs nur ein symbolisches Vertragswerk, für das sich höchstens Juristen erwärmen können. Es handelt sich hierbei um ein Grundgesetz, das über allen anderen existierenden Gesetzen, auch den bereits bestehenden nationalen Verfassungen, stünde und die fundamentalen Grundrechte der Bürger, sämtliche Institutionen der EU und die bedingungslose Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten in allen Bereichen neu definieren und festschreiben würde.
Wenn man sich die ersten Seiten des Entwurfes zur EU-Verfassung ansieht, erhält man einen Eindruck von der immensen Tragweite, die ihr beizumessen ist. Hier ein Auszug:
„Seine Majestät der König der Belgier, der Präsident der Tschechischen Republik, Ihre Majestät die Königin von Dänemark, der Präsident der Bundesrepublik Deutschland, der Präsident der Republik Estland, der Präsident der Hellenischen Republik, Seine Majestät der König von Spanien, der Präsident der Französischen Republik, die Präsidentin Irlands, der Präsident der Italienischen Republik, der Präsident der Republik Zypern, die Präsidentin der Republik Lettland, der Präsident der Republik Litauen, Seine königliche Hoheit der Großherzog von Luxemburg, der Präsident der Republik Ungarn, der Präsident Maltas, Ihre Majestät die Königin der Niederlande, der Bundespräsident der Republik Österreich, der Präsident der Republik Polen, der Präsident der Portugiesischen Republik, der Präsident der Republik Slowenien, der Präsident der Slowakischen Republik, die Präsidentin der Republik Finnland, die Regierung des Königreichs Schweden, Ihre Majestät die Königin des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland –
SCHÖPFEND aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit als universelle Werte entwickelt haben, ...
sind nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten wie folgt ÜBEREINGEKOMMEN:
....“
Oftmals wird die Verfassung von Journalisten und Populisten als Minimalkompromiss insbesondere in der Frage der Demokratisierung und der gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik abgetan. Einmal mehr bestätigt sich hier der Eindruck, dass die überwiegende Mehrheit der Publizisten nur noch Informationen zu kopieren anstatt eigenständig zu recherchieren scheint. Offensichtlich ist der Verfassungstext von den wenigsten auch tatsächlich gelesen worden! In Sachen der gegenseitigen militärischen Beistandspflicht geht beispielsweise klar hervor, dass diese ohne Abstriche zu gewährleisten ist:
Artikel I-41, §7:
„Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats müssen die anderen Mitgliedsstaaten .. alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung leisten.“
Europa wird also mit Inkrafttreten der neuen Verfassung zu einer Verteidigungsunion.
Weitere Fortschritte, die die Verfassung mit sich bringen würde:
All diese Verbesserungen würden letztendlich auch dazu führen, dass sich Europa als Einheit in der Welt besser behaupten kann. Und dazu wäre es auch hoch an der Zeit! Die Geschicke der Welt dürfen nicht weiter ausschließlich in den Händen der USA verbleiben.
Ohne den Amerikanern dafür undankbar sein zu wollen, die Rolle der Weltpolizei übernommen zu haben, sollte sich Europa selbstbewusst und unmissverständlich darum bemühen, für eine Ablöse zu sorgen und die Vorherrschaft in der Welt wieder zurück zu gewinnen. Denn der alte Kontinent könnte es, nicht zuletzt aufgrund der leidvollen Erfahrungen des letzten Jahrhunderts, aus denen er zweifellos gelernt hat, mit Sicherheit besser.
Man denke nur an das Kyoto-Protokoll, den Internationalen Strafgerichtshof, Fair Trade oder an Großforschungsprojekte wie ITER (Kernfusion), um nur Beispiele zu nennen, die es ohne europäische Initiative gar nicht gäbe. Hätte Europa mehr Einfluss in der Welt, wäre daraus noch mehr geworden.
Wer die größte wirtschaftliche und militärische Macht besitzt, legt die globalen Spielregeln fest, denen sich alle anderen unterordnen müssen. Das ist natürlich kein Wunschzustand, aber ein zurzeit unabänderbares Faktum.
Wenn Europa sich nicht weiter die Globalisierung nach amerikanischem Strickmuster aufdiktieren lassen, sondern seine eigenen wirtschaftspolitischen Vorstellungen durchsetzen will, führt an einem geeinten, handlungsfähigen Europa und somit auch an der europäischen Verfassung kein Weg vorbei.
Daher die Wichtigkeit des französischen Referendums. Hier geht es ums Ganze: Wird darin die Verfassung abgelehnt, ist die EU auf Jahre hinweg gelähmt, das Projekt Europa quasi gestorben!!! Der 29. Mai wird somit für ganz Europa ein spannender Tag.
Warum Österreichs wichtigste Wahl des Jahrzehnts in Frankreich stattfindet.
Kaum jemand ist sich hierzulande dessen bewusst, dass in wenigen Wochen die für Österreichs Zukunft entscheidendste Wahl der letzten und nächsten zehn Jahre stattfinden wird. Groteskerweise dürfen die Österreicher dabei aber nicht mitstimmen! Es handelt sich nämlich um eine Volksabstimmung in Frankreich, in der über eine Verfassung für ganz Europa entschieden wird.
Mit dieser Verfassung, sollte sie einmal tatsächlich Realität werden, würde Europa endlich zu einem richtigen Staatenbund ähnlich der Vereinigten Staaten. Bisher war ja die Europäische Union nicht viel mehr als eine Interessensgemeinschaft einzelner Nationalstaaten, die vorwiegend auf wirtschaftlicher Ebene eng miteinander zu kooperieren suchten.
Obwohl viele, sobald sie davon hören, das Gegenteil glauben, ist die europäische Verfassung keineswegs nur ein symbolisches Vertragswerk, für das sich höchstens Juristen erwärmen können. Es handelt sich hierbei um ein Grundgesetz, das über allen anderen existierenden Gesetzen, auch den bereits bestehenden nationalen Verfassungen, stünde und die fundamentalen Grundrechte der Bürger, sämtliche Institutionen der EU und die bedingungslose Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten in allen Bereichen neu definieren und festschreiben würde.
Wenn man sich die ersten Seiten des Entwurfes zur EU-Verfassung ansieht, erhält man einen Eindruck von der immensen Tragweite, die ihr beizumessen ist. Hier ein Auszug:
„Seine Majestät der König der Belgier, der Präsident der Tschechischen Republik, Ihre Majestät die Königin von Dänemark, der Präsident der Bundesrepublik Deutschland, der Präsident der Republik Estland, der Präsident der Hellenischen Republik, Seine Majestät der König von Spanien, der Präsident der Französischen Republik, die Präsidentin Irlands, der Präsident der Italienischen Republik, der Präsident der Republik Zypern, die Präsidentin der Republik Lettland, der Präsident der Republik Litauen, Seine königliche Hoheit der Großherzog von Luxemburg, der Präsident der Republik Ungarn, der Präsident Maltas, Ihre Majestät die Königin der Niederlande, der Bundespräsident der Republik Österreich, der Präsident der Republik Polen, der Präsident der Portugiesischen Republik, der Präsident der Republik Slowenien, der Präsident der Slowakischen Republik, die Präsidentin der Republik Finnland, die Regierung des Königreichs Schweden, Ihre Majestät die Königin des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland –
SCHÖPFEND aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit als universelle Werte entwickelt haben, ...
sind nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten wie folgt ÜBEREINGEKOMMEN:
....“
Oftmals wird die Verfassung von Journalisten und Populisten als Minimalkompromiss insbesondere in der Frage der Demokratisierung und der gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik abgetan. Einmal mehr bestätigt sich hier der Eindruck, dass die überwiegende Mehrheit der Publizisten nur noch Informationen zu kopieren anstatt eigenständig zu recherchieren scheint. Offensichtlich ist der Verfassungstext von den wenigsten auch tatsächlich gelesen worden! In Sachen der gegenseitigen militärischen Beistandspflicht geht beispielsweise klar hervor, dass diese ohne Abstriche zu gewährleisten ist:
Artikel I-41, §7:
„Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats müssen die anderen Mitgliedsstaaten .. alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung leisten.“
Europa wird also mit Inkrafttreten der neuen Verfassung zu einer Verteidigungsunion.
Weitere Fortschritte, die die Verfassung mit sich bringen würde:
- Das EU-Parlament wird aufgewertet und erhält mehr Entscheidungskompetenzen.
- Entscheidungen im EU-Ministerrat, dem mächtigstem Gremium der EU, müssen in den meisten Fällen nicht mehr einstimmig getroffen werden. Viele wichtige und sinnvolle Vorhaben, die bisher an der Engstirnigkeit einzelner Mitgliedsstaaten gescheitert sind (zB im Bereich Umwelt, Soziales, Bildung, Justiz etc.), könnten damit endlich umgesetzt werden.
- Entbürokratisierung: die Kommission soll sich nur noch um Bereiche kümmern, die kleinere Gebietskörperschaften nicht besser regeln könnten. Leidige Geschichten um Traktorsitzgrößen-Normen und Ähnlichem mehr, die dem Image der EU schwer geschadet haben, sollten dann der Vergangenheit angehören.
All diese Verbesserungen würden letztendlich auch dazu führen, dass sich Europa als Einheit in der Welt besser behaupten kann. Und dazu wäre es auch hoch an der Zeit! Die Geschicke der Welt dürfen nicht weiter ausschließlich in den Händen der USA verbleiben.
Ohne den Amerikanern dafür undankbar sein zu wollen, die Rolle der Weltpolizei übernommen zu haben, sollte sich Europa selbstbewusst und unmissverständlich darum bemühen, für eine Ablöse zu sorgen und die Vorherrschaft in der Welt wieder zurück zu gewinnen. Denn der alte Kontinent könnte es, nicht zuletzt aufgrund der leidvollen Erfahrungen des letzten Jahrhunderts, aus denen er zweifellos gelernt hat, mit Sicherheit besser.
Man denke nur an das Kyoto-Protokoll, den Internationalen Strafgerichtshof, Fair Trade oder an Großforschungsprojekte wie ITER (Kernfusion), um nur Beispiele zu nennen, die es ohne europäische Initiative gar nicht gäbe. Hätte Europa mehr Einfluss in der Welt, wäre daraus noch mehr geworden.
Wer die größte wirtschaftliche und militärische Macht besitzt, legt die globalen Spielregeln fest, denen sich alle anderen unterordnen müssen. Das ist natürlich kein Wunschzustand, aber ein zurzeit unabänderbares Faktum.
Wenn Europa sich nicht weiter die Globalisierung nach amerikanischem Strickmuster aufdiktieren lassen, sondern seine eigenen wirtschaftspolitischen Vorstellungen durchsetzen will, führt an einem geeinten, handlungsfähigen Europa und somit auch an der europäischen Verfassung kein Weg vorbei.
Daher die Wichtigkeit des französischen Referendums. Hier geht es ums Ganze: Wird darin die Verfassung abgelehnt, ist die EU auf Jahre hinweg gelähmt, das Projekt Europa quasi gestorben!!! Der 29. Mai wird somit für ganz Europa ein spannender Tag.