Es ist ja eigentlich schon irgendwie krass, dass letztlich das Hauptargument gegen ein Berufsheer ist, dass das Beibehalten/Einführen einer Wehrpflicht die Voraussetzung für eine Ausnahmeregel in den Menschenrechten ist, durch die ein Sozialjahr, welches zur Aufrechterhaltung des Sozialsystems benötigt wird, erst erlaubt wird.
Wir hatten da letztens am Institut auch drüber diskutiert; wenn man da ohne Wehrpflicht auskommen will müsste man
- irgendwelche Anreize schaffen, freiwillig Zivildienst zu machen, so ala Bonuspunkte fürs Studium oder so was
- mal die Gesellschaft dazu bringen, dass Zivildienst irgendeinen Stellenwert hat, so was man gern in sein CV schreibt, statt das Wehrdienst-Verweigerer-Weichei zu sein.
- die Bezahlung mal so anpassen, dass man davon sich zumindest seine Wohnung weiter leisten kann
- und vor allem: NICHT innerhalb eines Jahres das gesamte Wehr- und Sozialsystem komplett umschmeißen wollen, der einzige Weg wie das gehn kann ist nur gradaus ungebremst in die Betonwand. Das müsste man stückerweise parallel aufziehn und das alte System erst abdrehn wenn das neue langsam in die Gänge kommt.
Zum letzten Punkt gabs auch noch die Geschichte von einem, der meinte, er ist gegen die Abschaffung, weil er müsste jetzt noch zum Heer, und wenn er rauskommt, gehn dann sowohl alle die mit dem Heer fertig sind, aber auch alle die mit der Schule fertig sind und nicht zum Heer müssen gleichzeitig auf die Uni, wodurch die auch gleich mit ins Chaos gezogen werden.
Ich find, man sollte mal als erstes die Dauer von Zivildienst und Heer amal angleichen, langsam neben der Wehrpflicht ein Berufsheer aufziehn und gleichzeitig irgendwelche Anreize schaffen, freiwillig irgendein Sozialjahr zu machen bzw. zu verlängern, und mal generell beim bestehenden System stückerweise Probleme fixen, so ala Juli statt Juni-Termin (mit dem Schwachsinn z.B. verliert man gleich 3 statt 2 Semester), und den Zivildienst mal als zumindest gleichwertige Entscheidung hinstellen statt als Alternativlösung für Verweichlichte, damit angefangen dass z.B. die Stellung einfach auch bei ner Zivilstelle machen kann, wenn man eh schon weiß dass man sich für Zivildienst entscheiden wird.
Und dann kann man, wenn schon ein Ersatz halbwegs am Laufen und erprobt ist, wirklich ernsthaft überlegen das ganze abzuschaffen, statt zu sagen, wir haun mal alles beim Fester raus und schaun mal zu was passiert, und wenn dann die Kacke am dampfen ist werden wir uns dann schon ganz sicher irgendwas grandioses ausdenken und stellen dann wieder alles um.
Zum Thema ob Frauen auch zum Heer bzw Zivildienst sollen hab ich überhaupt keine Meinung in eine bestimmte Richtung. Auf der einen Seite find ich, aus Fairness-Gründen und nicht zuletzt wegen jedem einzelnen -Innen sollten einfach alle eingezogen werden, ob Frau, Mann, oder sonst irgendwo dazwischen. Auf der anderen Seite, Zivildienstplätze sind auch nur beschränkt verfügbar, keine Ahnung ob man die doppelte Menge an Leuten überhaupt im System unterbringt, auf jedenfall aber mal nicht von heut auf morgen.
Auf der anderen Seite muss man natürlich auch bedenken, wenn die Leute ein Jahr lang eingezogen sind, sind sie ein Jahr länger aus der Arbeitslosenstatistik raus und vom Arbeitsmarkt fern
Ich find allerdings auch, grad Entscheidungen von solcher Tragweite sollten nicht von 'Meiner Meinung nach ..' oder 'Zu meiner Zeit .. ', oder auch nur solchen 'Mehrheitsentscheidungen' (51% dafür, tolle Mehrheit!) getroffen werden, sondern primär (aber auch nicht ausschließlich) mit konkreten Fakten, Zahlen und Erfahrungswerten. Und wenn es dermaßen knappe Mehrheiten und unterschiedliche Meinungen gibt, finde ich ist das primär mal ein Indikator, dass einfach beide Optionen keine wirklich attraktiven Lösungen sind und man nochmal genau nach weiteren Alternativen suchen sollte, die mehr Sinn machen.