wiesl hat geschrieben:Mich wundert nur dass das Sozialjahr jetzt anscheinend ganz vom Tisch ist, wo es doch zuerst so wichtig und durchführbar war..
Mich wundert das nicht. Das ganze war ja im wesentlichen ein Kampf Rot gegen Schwarz. Jetzt haben die Schwarzen gewonnen, dafür müssen die Roten alle ihre Vorschläge (
und noch schlimmer: ebenso alle damit entfernt verwandten Kompromisslösungen) wieder schön in die Schachteln verpacken und sich damit in die Ecke stellen zum Schämen. Leider das Wesen dieser "Koalition".
Wie reformlustig die ÖVP ist, hat Frontman Spindelegger eh schon eindrucksvoll gezeigt, indem er einen Tag nach der Volksbefragung (Abstimmung war's ja keine, alles politisch unverbindlich
) gleich einmal festhält, dass man an der Dauer von Zivil-/Präsenzdienst nicht zu rütteln braucht, weil es sich ja eh "bewährt" hat.
Und etwas später legt derselbe noch im ORF nach mit der Verlautbarung "Wer bei der Frage von Reformen zunächst nach mehr Geld ruft, hat offenbar den Sinn von Reform nicht verstanden".
Ich glaub, der Spindelegger wird als Politiker NIE etwas bewegen.
Stefant hat geschrieben:mal die Gesellschaft dazu bringen, dass Zivildienst irgendeinen Stellenwert hat, so was man gern in sein CV schreibt, statt das Wehrdienst-Verweigerer-Weichei zu sein.
den Zivildienst mal als zumindest gleichwertige Entscheidung hinstellen statt als Alternativlösung für Verweichlichte
Das und ähnliches hab ich in letzter Zeit öfters gehört, kann es aber nicht recht nachvollziehen. Warum schreibst du ungern in deinen CV rein, dass du beim Zivildienst warst? Du musstest dich für eine von zwei Optionen entscheiden und hattest deine Gründe. Wenn diese von der Gesellschaft nicht verstanden werden, dann bring's ihr bei, sag ich nur!
Ein guter Bekannter, jemand dem es sicher nicht an Selbstvertrauen mangelt und der auf die 50 zugeht, hat sich auch unlängst als "Fallobst der Gesellschaft für Jahrzehnte" bezeichnet, mir aber früher, als die Diskussion noch lang nicht im Gange war gesagt, dass er seinen Dienst bei der Rettung in sehr guter Erinnerung hat.
Ich bleib in der Projektionsebene und mir fallen dazu ein paar Gschichterln ein:
- HTL-Zeit, da war das Milieu natürlich Guano für Sprücherln wie:
- "Fia eich miaßn wir im Ernstfoi den Oasch hihoitn." Meine übliche Antwort: "Nein, für mich nicht, ich erwart's mir nicht."
- "Wos mochstn do, im Oitasheim de oidn Weiba den Oasch auswischen?" (Ich wisch lieber 10 Ärsche aus, bevor ich auch nur in die Verlegenheit käme, auf einen zu schießen. Tatsächlich hab ich in einem Jahr ganze zwei Ärsche ausgewischt, währenddessen mit denen aber nett geplaudert um sie ein wenig von der unangenehmen Situation abzulenken. Und falls es für jemanden wirklich entscheidend wäre: Zivis dürfen lt. Zivildienstgesetz gar nicht wischen ... ).
Ahja, der der damals am lautesten gebellt hatte, hat dann als es brenzlig wurde einen beim Heer einflussreichen Lehrer mit einer Flasche Whiskey "beschenkt", nachdem dieser seine Untauglichkeit "begünstigt" hatte (Fauxpas dabei: Der Lehrer war früher einmal alkoholabhängig gewesen, was der Spender nicht (einzuschätzen) wusste ).
- Guido Tartarotti (Kurier) vom 21. 1. 2013:
Zivildienst-Helden
„]Es ist noch nicht lange her, da galten Zivildiener als Drückeberger und mussten entwürdigende „Gewissensprüfungen“ über sich ergehen lassen („Angenommen, jemand will Ihre Schwester vergewaltigen und Sie haben eine Waffe – was tun Sie dann?̶) .[/B] Heute sind sie Vorbilder – und retten die Wehrpflicht.
Leider völlig richtig, genau so eine Frage hatte mir mein lieber Schwager (der selbst einst beim Zivildienst war :cat während meiner Zivildienstzeit bei einer Flasche Rotwein gestellt.
Was soll der Mist? Wenn ich keine Waffe daheim hab, kann ich nicht schießen, diese Grundentscheidung fällt früher. Ich brauch mir als Individuum im gelobten Land Österreich bei Sonnenschein nicht überlegen, was ich in Rage und im Affekt mach, wenn "die Russen kommen". Wenn die Lage dermaßen prekär ist, versuchen zu fliehen - und wenn das nicht gelingt oder dem sonstwas entgegensteht, versuchen die Situation irgendwie abzuwenden. Ich will aber nicht das Überdauern oder den Niedergang von Existenzen dem nervösen Fingerzucken auf einem Abzug überlassen. Wenn ein Mensch den anderen umbringt dann seh ich das als geistige Immunschwäche der Spezies an, fertig.
- Beim Bewerbungsgespräch zur FH hatte mich der Studiengangsleiter gefragt, warum ich denn bei ZD statt Heer war (Anm.: wtf). Nachdem ich das in zwei-drei Sätzen mMn ausreichend beschrieben hatte war seine Antwort: "Aha, Sie sind also ein Kümmerer?" ... nie vergessen ( ).
- Im Studium hab ich die VO "Geländegängige Fahrzeuge" als Freifach belegt, die ein Brigadier vortrug. Dieser hatte die Teilnahme offenbar direkt als Commitment zur Waffe verstanden, was bei der Frage "Aufzeigen, wer beim Heer war" begann, und mit einer Panzerfahr-Exkursion und dem öfteren Breitschlagen von thematisch völlig nebensächlichen Wehr-Details div. Kriegsgeräts weiterging. War leider eine der schlechtesten VO, in denen ich je war und Kollegen meinten, das Skriptum sei exakt im selben Stil wie die Lernunterlagen beim Heer verfasst gewesen.
- Ein sehr guter Freund, mit dem ich oft übereinstimme, der aber (u.a.) einmal gesagt hat, dass zum Zivildienst nur Vollidioten bzw. geistig Weggetretene gehen (in einer Runde 17-jähriger und bei den Pfadfindern btw.). Das ist einer von denen, wo mir nix anderes bleibt, als das Thema konsequent auszuklammern und in den seltenen Fällen ruhig abzuwarten, bis seine Litanei wieder beendet ist.
- Vor zwei Jahren hat mich ein Arbeitskollege zum Zielschießen beim Kameradschaftsbund (angeblich der mitgliederstärkste Verein Österreichs btw) eingeladen. Als ich ihn gefragt hab, wie ich mit dem Gewehr umgehen soll, hat er gemeint "So halten. Kennst ja eh vom Heer?". Nachdem ich ihn aufgeklärt hab, wollt er's mir spontan wieder wegnehmen , worauf ich ihn aber eigentlich mehr belächelt hab als er mich. Vor allem dann, als ich (trotzdem :cat recht gut getroffen hatte.
Es hat sich bereits und wird sich noch sehr viel ändern. Ich seh, dass heutige 15- oder 17-jährige das Thema ganz anders auffassen, als das bei uns im selben Alter noch der Fall war. Für die hat der Wehrdienst nur noch selten den Tiefsinn, irgendwem etwas beweisen zu müssen (hielt ich immer schon für äußerst fragwürdig ...). Und wenn doch dann unterstell ich, dass sich die Mehrheit davon aus Denkfaulheit lieber im traditionellen Schulterschließen übt, bevor sie für sich selbst ideologische Details abklärt.
Da bin ich schon mit meinen sonst konservativen Eltern sehr zufrieden, die selbst im Kriegszustand aufgewachsen sind, die miese Nachkriegszeit mühsam durchstanden, und aber meine Entscheidung für den Zivildienst immer für gut befunden haben.