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Es gibt keinen freien Willen!
Verfasst: Sa Jan 29, 2005 12:03 am
von florianklachl
und abermals bewahrheitet sich die Regel:
gestern noch auf

.at.tt (siehe
Enzyklopädie), heute in der Titelstory der Februarausgabe von Peter Moosleitner's interessantem Magazin:
Es gibt keinen freien Willen!
Unser Leben ist vorherbestimmt!
Auch die Quantenmechanik lässt eine Umgehung des Determinismus
nicht zu.
Nachfolgend ein paar Textauszüge, worin ua. das Wesen der Quantenmechanik und der Grund für deren zuweilen mystisch erscheinenden philosophischen Konsequenzen recht gut wiedergegeben wird.
In der Quantenmechanik wird jedes materielle Teilchen zugleich als Welle beschrieben.
Man benützt dafür die so genannte Wellenfunktion:
Das Teilchen "verschmiert" über einen bestimmten Raumbereich und kann so seltsame Dinge tun wie durch zwei dicht benachbarte Öffnungen gleichzeitig hindurchfliegen. Mit der Wellenfunktion lassen sich die Eigenschaften der Teilchen vollständig beschreiben, und aus ihr kann man auch die Wahrscheinlichkeit berechnen, das Teilchen an einem bestimmten Ort wiederzufinden.
Verfasst: Sa Jan 29, 2005 12:06 am
von florianklachl
..
So zeigt sich, dass die Quantenmechanik die Vorhersagbarkeit der Zukunft doch nicht ein für allemal begraben hat:
Denn die Wellenfunktionen der Quantenmechanik sind deterministisch! Kennen wir die Wellenfunktion eines Teilchens zu einem Zeitpunkt, können wir seine Wellenfunktion zu allen künftigen Zeitpunkten berechnen.
Ähnliches gilt für das ganze Universum, denn es wird ebenfalls durch eine (allerdings unvorstellbar komplizierte) Wellenfunktion beschrieben. Kennen wir sie zu einem Zeitpunkt, können wir daraus ihre zukünftige Enwicklung vorherberechnen. Auch im Reich der Quantenmechanik steht die Zukunft in alle Ewigkeit fest!
Es gibt aber in der Quantenmechanik einen auch nach 80 Jahren noch immer unverstandenen Punkt: den "Kollaps der Wellenfunktion". Sobald ein Teilchen gemessen wird, beschränkt sich der wahrscheinliche Aufenthaltsbereich auf den Ort der Messung, die Wellenfunktion ändert sich somit schlagartig.
Verfasst: Sa Jan 29, 2005 12:08 am
von florianklachl
Manche Physiker glauben sogar, dass der Kollaps der Wellenfunktion erst durch unser Bewusstsein verursacht wird. Möglicherweise kollabiert die Wellenfunktion in dem Moment, in dem wir mit unserem Bewusstsein die Überlagerungen der Möglichkeiten anschauen.
Spätestens dann muss die Wellenfunktion kollabiert sein, weil wir offensichtlich
nicht mehrere Aufenthaltsmöglichkeiten gleichzeitig wahrnehmen.
Zu glauben, der freie Wille könnte nun durch Rückkoppelung des Geistes mit diesem Phänomen des Wellenfunktions-Kollapses seine Realisierung finden, ist aber in etwa genau so unsinnig und weit hergeholt wie der Glaube, Planetenkonstellationen würden unser persönliches Schicksal entscheidend beeinflussen.
Erstens ist zumindest die erste dieser beiden Hypothesen nicht widerlegbar, zweitens ist sie nach der Theorie des
Ockham'schen Rasiermessers, wonach (im weiteren Sinne) das einfachste Modell zur korrekten Beschreibung der Wirklichkeit das beste sei, sinnvollerweise abzulehnen.
Ansonsten müsste man auch einem Verrückten Glauben schenken, der eine Erweiterung der Naturgesetze fordert, derzufolge irgendwo eine gute Fee existiere, die sich aber leider niemandem zu erkennen gäbe. Auch diese Theorie ist zur korrekten Beschreibung der Welt nicht notwendig und sie ist genausowenig falsifizierbar!
Verfasst: Sa Jan 29, 2005 12:09 am
von florianklachl
interessanter Einschub zur Hirnforschung:
Hirnforscher führten Experimente an Patienten durch, deren Schädel aus medizinischen Gründen geöffnet werden mussten. Reizte man mit Elektroden am (schmerzunempfindlichen) Gehirn bestimmte motorische Großhirnbereiche, hob sich z.B. ein Arm. Nach dem Grund der Bewegung gefragt, behaupteten die Betroffenen regelmäßig, sie gewollt zu haben. Aber das war nicht möglich, denn die Bewegung war von außen ausgelöst worden.
Verfasst: Sa Jan 29, 2005 12:10 am
von florianklachl
P.M. zieht abschließend folgende Schlußfolgerungen:
Sollen wir also in Fatalismus verfallen? Genauso gut können wir weiterleben wie bisher und so tun, als hätten unsere Entscheidungen irgendeinen Einfluss. Oder wir "entscheiden" mit Augenzwinkern - im Wissen, dass sowieso alles schon feststeht und wir uns gar nicht so wichtig nehmen sollten. Das könnte das Geschenk des Determinismus sein: Gelassenheit.
Verfasst: Sa Jan 29, 2005 6:33 pm
von Grent
Das könnte das Geschenk des Determinismus sein: Gelassenheit.
Das sähe ich auch so.
dem Grund der Bewegung gefragt, behaupteten die Betroffenen regelmäßig, sie gewollt zu haben.
Das ist wahnsinn !!
Manche Physiker glauben sogar, dass der Kollaps der Wellenfunktion erst durch unser Bewusstsein verursacht wird. Möglicherweise kollabiert die Wellenfunktion in dem Moment, in dem wir mit unserem Bewusstsein die Überlagerungen der Möglichkeiten anschauen.
Das denk ich auch eher.
Zu glauben, der freie Wille könnte nun durch Rückkoppelung des Geistes mit diesem Phänomen des Wellenfunktions-Kollapses seine Realisierung finden, ist aber in etwa genau so unsinnig und weit hergeholt wie der Glaube, Planetenkonstellationen würden unser persönliches Schicksal entscheidend beeinflussen.
Und genau das glaube ich eben nicht.
So mit erübrigt sich das ganze für mich komplett.

=> Freier Wille.
Verfasst: Mo Jan 31, 2005 12:19 am
von florianklachl
Und genau das glaube ich eben nicht
glauben heißt nichts wissen
Verfasst: Fr Aug 19, 2005 7:07 pm
von florianklachl
aus "
Zufall und Chaos" von David Ruelle (math. Physiker):
Das Problem des freien Willens ist ein dorniges. [..] Die Rolle, die der Zufall in der Quantenmechanik spielt, hat, wie Schrödinger feststellt, die Hoffnung wachsen lassen, dass diese Mechanik besser als Laplaces Determinismus mit unseren Ideen über den freien Willen übereinstimmt. Aber eine solche Hoffnung, sagt er, ist eine Illusion.
Zunächst bemerkt Schrödinger, dass der freie Wille anderer Leute kein Problem darstellt: Wir können eine vollkommen deterministische Entscheidung aller ihrer Entscheidungen akzeptieren. Was die Schwierigkeiten erzeugt, ist der offensichtliche Widerspruch zwischen Determinismus und unserem freien Willen, der introspektiv durch die Tatsache charakterisiert ist, dass mehrere Möglichkeiten offen sind und dass wir unsere Verantwortung ausüben, indem wir eine wählen.
Wenn wir Zufall in die physikalischen Gesetze einführen, dann hilft uns das keineswegs, diesen Widerspruch aufzulösen. Denn könnten wir sagen, dass wir unsere Verantwortung ausüben, indem wir eine Wahl zufällig treffen?
Die Freiheit unserer Wahl ist in der Tat häufig illusorisch. Nehmen Sie an, sagt Schrödinger, dass Sie an einem formalen Abendessen mit wichtigen und langweiligen Leuten teilnehmen. (Offensichtlich war er mehr als genug dieser Art von Unterhaltung ausgesetzt.) Sie können dann daran denken, sagt er, auf den Tisch zu springen und zu tanzen, Gläser und Teller zu zerbrechen, aber Sie würden es nicht tun, und Sie können nicht sagen, dass Sie Ihren freien Willen ausüben. [..]
Man muss schließen, dass der Zufall uns nicht hilft, den freien Willen zu verstehen, und Schrödinger sieht keinen Widerspruch zwischen dem freien Willen und weder dem Determinismus der klassischen Mechanik noch dem der Quantenmechanik.
Verfasst: Fr Aug 31, 2007 11:03 pm
von florianklachl
vor drei Jahren auf oatz.net, heute in der Wienerzeitung:
Wienerzeitung hat geschrieben:Hinter dem Gefühl, einen freien Willen zu haben, steht ein komplexes, trügerisches Stück Natur namens Gehirn.
Verfasst: Mo Sep 01, 2008 11:03 pm
von florianklachl
morgen in Kreuz&Quer, ORF2, 22:30:
"Das Hirn und Ich" / "Der freie Wille ist nur ein gutes Gefühl"