Fp[OATZ]
- florianklachl
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Ich finde es nicht in Ordnung, wenn man von oben herab FPÖ-Wählerbashing betreibt! Mag sein, dass es dumme Wähler gibt, aber 1. kann man ihnen ihre Dummheit nicht zum Vorwurf machen (niemand hat sich bei der Geburt sein Hirn aussuchen können), 2. wenn man als intelligenter Mensch zur Auffassung kommt, dass in der österr. Politik etwas im Argen liegt, soll man seiner staatsbürgerlichen Pflicht nachkommen und etwas dagegen unternehmen anstatt zu raunzen, 3. wählen auch dumme Menschen nicht ohne Grund, selbst, wenn sie für eine rechtsradikale Partei stimmen, man sollte also auch versuchen, zu verstehen, was sie dazu veranlasst und warum sie sich von anderen Parteien zB in Sicherheitsfragen im Stich gelassen fühlen, wenn man die Probleme, die es offenkundig gibt, an der Wurzel packen will.
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Sei immer du selbst. Außer du kannst ein Einhorn sein, dann sei ein Einhorn!
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Mir ist nicht klar, worauf du hinauswillst. Mir isses jedenfalls ned ganz klar. Willst du erläutern, welchen Regelkreisen demokratisches Wählerverhalten unterworfen ist? Es geht doch hier einfach nur um die schlichte Wählbarkeit einer/zweier Parteien generell. Und für die Funktion als Signalanlage per se ist es natürlich wertvoll, möglichst viele Parteien zu haben, auch die Rechten. Dann weiß man zumindest, was los ist im Volk. Das betrifft aber eher die Sicht von Politikern und Politologen. Rechte Wähler hingegen, die sich mit ihrer Stimme blindlings für fadenscheinige Entscheidungsträger in spe stark machen, darf man wohl noch zur Sau machen, mit Verlaub.
ad 3.: Ansonsten hab ich den Eindruck, dass die ÖVP noch am ehesten bemüht ist, Trends zu erkennen und wahrzunehmen, während sich die meisten anderen Parteien hinter ihren Grundfesten verschanzen. Soll keine Direktwerbung für die Schwarzen sein, die in anderer Hinsicht mMn viele Fehler haben, sondern heißen, dass man sich nicht gleich für ein Extrem entscheiden muss, wenn einem ein Punkt des Regierungsprogramms missfällt (in dem Fall die Ausländerpolitik). Ich möcht nämlich bezweifeln, dass die Grazer Blauen irgendwas - außer Tschuschen raushaun - besser drauf haben als die Nagl-Partei.
ad 3.: Ansonsten hab ich den Eindruck, dass die ÖVP noch am ehesten bemüht ist, Trends zu erkennen und wahrzunehmen, während sich die meisten anderen Parteien hinter ihren Grundfesten verschanzen. Soll keine Direktwerbung für die Schwarzen sein, die in anderer Hinsicht mMn viele Fehler haben, sondern heißen, dass man sich nicht gleich für ein Extrem entscheiden muss, wenn einem ein Punkt des Regierungsprogramms missfällt (in dem Fall die Ausländerpolitik). Ich möcht nämlich bezweifeln, dass die Grazer Blauen irgendwas - außer Tschuschen raushaun - besser drauf haben als die Nagl-Partei.
Forma, Eier Gnodn.
@ Flo: du hast nicht zufällig den Fleischhacker'schen Leitartikel der gestrigen Presse gelesen?
Auch Deppen richten mitunter Schaden an
MICHAEL FLEISCHHACKER (Die Presse)
Die nationalistische Internationale ist ein Witz, der davon lebt, dass etliche Regierende auch einer sind.
Was soll man von der Ankündigung einer „europäische Freiheitspartei“ halten? Stehen wir vor der Gründung der nationalistischen Internationalen? Kann man aus den ideologischen Versatzstücke, mit denen Politiker wie Strache und Le Pen operieren, überhaupt so etwas wie ein Programm destillieren? Wäre es nicht klüger, die vollkommen wirren, von ideengeschichtlicher Ahnungslosigkeit und populistischer Hyperventilation geprägten Ankündigungen der rechten Recken einfach zu ignorieren?
Man kann auf diese Fragen akademisch antworten: Nein, das Ding hat keine Konsistenz, man kann es ideologisch nicht ernst nehmen, und es bleibt unklar, ob der Versuch, die nationalen Irrlichter des rechten Randes im Europäischen Parlament zu einer Fraktion zu machen, gelingen wird. Und ja, es ist besser, nicht aus jedem Deppen einen Nazi zu machen. Heinz-Christian Strache ist sicher mehr Depp als Nazi, aber er hat schon zu oft den Eindruck erweckt, dass er zumindest einmal ein depperter Nazi gewesen ist. Und ja, es besteht das Risiko, dass man, auch wenn man die jüngsten Ankündigungen noch so kühl medial beleuchtet, das Hauptanliegen der Rechtspopulisten schon erfüllt hat.
Die nichtakademische Antwort lautet: Schön wär's. Schön wär's, wenn wir darauf vertrauen könnten, dass nur jene gewählt werden, die ein nachvollziehbares Programm, ordentliches Benehmen und eine intakte Persönlichkeitsstruktur aufweisen. Ist nur nicht so: Jener Teil der Wählerschaft, den die Politologen das „Protestpotenzial“ nennen, entscheidet sich nicht für, sondern gegen etwas, in der Regel „gegen die da oben“, ob das nun nationale Regierungen sind oder die Europäische Union.
Die Kräfte am linken und rechten Rand leben seit jeher vom Versagen der Mitte. Das war so in den 90er-Jahren, als die europäischen Regierungen den Folgen der Zeitenwende von 1989 hilflos gegenüberstanden. Das österreichische Kernthema lautete damals Migration oder, wie man hierzulande so herzig sagt, „Ausländer“. Es wurde spät aber doch bearbeitet, erleichtert durch die Regierungsbeteiligung der FPÖ. Allerdings ausschließlich auf dem Feld der Sicherheitspolitik. Unbehandelt blieb das Thema Integration, das inzwischen durch die offene Frage des Umgangs westlicher Gesellschaften mit islamischen Zuwanderern verschärft wurde.
Im Vorfeld der Grazer Gemeinderatswahlen kam es durch die Mohammed-Provokation der Frau Winter erstmals seit Ende der 90er-Jahre wieder zu einer scharfen Konfrontation zwischen Establishment und Rechtspopulismus. Es ist beunruhigend, dass sie exakt nach den Mustern der Haider-Zeit stattfand: Das offizielle Österreich reagierte empört und gab der Hoffnung Ausdruck, dass die braven Bürger auf die bösen Populisten nicht hereinfallen.
Hinterher zeigt man sich erleichtert, wenn die FPÖ „nur“ elf Prozent erreicht, obwohl ihr irgendwelche Meinungsforscher bis zu 15 zugetraut hatten. Der Wien-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung verstieg sich sogar zu der Feststellung, das Grazer Wahlergebnis sei als eine Art Startschuss zur Selbstreinigung des Landes von der Verseuchung durch Schwarz-Blau zu lesen. Ein Lichtermeer im Wahllokal: Die Vorstellung ist so naiv wie gefährlich.
Sie suggeriert nämlich, wie seinerzeit der Gefühlsduselpop der Lichtermeersurfer, dass die Rechtspopulisten von Problemen reden, die es nicht gibt. Das Gegenteil ist der Fall. Dieselben Leute, die sich über die anti-islamische Propaganda der FPÖ alterieren, zementieren das Problem, das es mit dem Islam in unserer Gesellschaft nun einmal gibt, indem sie es negieren. Den Rechtspopulismus kann man nicht wegbeten. Man muss die Probleme, die er – meist zu Recht – anspricht, lösen, um ihm die Grundlage zu entziehen.
Das Geplapper eines Heinz-Christian Strache über die Rettung des Abendlandes vor der Islamisierung mag ein Witz sein. Aber dieser Witz lebt davon, dass ein Gutteil der Regierenden auch einer ist. Sich über Straches Parolen zu empören und zugleich zuzusehen, wie in vielen Zuwandererfamilien Analphabeten heranwachsen, weil islamische Männer nichts dabei finden, ihre Frauen daheim einzusperren und ihnen den Spracherwerb zu verbieten, wird auf Dauer nicht reichen.
Dass „nur“ elf Prozent die Grazer FPÖ gewählt haben, hat nichts mit den Altachtundsechzigerträumen von der Reinigung der Gesellschaft mit dem großen Moralbesen zu tun. Sondern damit, dass die Große Koalition erst ein Jahr im Amt ist. Wenn sie so weitermacht, wird sie noch ihr blaues Wunder erleben.
Sehr gute Statements von klachl und Brett!
Finde ihr habt beide sehr gute Punkte, die ich absolut unterstütze.
Food for thought.
@Cannibal:
Danke für den Artikel. Ist mir wohl trotz Abo irgendwie entgangen.
Ich finde dass Michael Fleischhacker langsam aber sicher an seinen von mir
sehr geschätzten Vorgänger herankommt und wirklich ausgezeichnet schreibt.
Gemeinsam mit Ronald Barazon (obgleich stilistisch ganz anders) bilden diese
Herren meine persönliche Riege der besten Kolumnisten österrechischer Tageszeitungen.
Finde ihr habt beide sehr gute Punkte, die ich absolut unterstütze.
Food for thought.
@Cannibal:
Danke für den Artikel. Ist mir wohl trotz Abo irgendwie entgangen.
Ich finde dass Michael Fleischhacker langsam aber sicher an seinen von mir
sehr geschätzten Vorgänger herankommt und wirklich ausgezeichnet schreibt.
Gemeinsam mit Ronald Barazon (obgleich stilistisch ganz anders) bilden diese
Herren meine persönliche Riege der besten Kolumnisten österrechischer Tageszeitungen.
To do is to be (Karl Marx)
To be is to do (Jean Paul Sartre)
Do be do be do (Frank Sinatra)
In diesem Zusammenhang möchte ich mich mal selbst zitieren (3.2006 - Fleischhacker hin oder her), weils anscheinend bei meinem letzten Statement völlig untergegangen ist:
Und das die österreichische Parteienlandschaft erbärmlich ist, darüber muss wohl kaum diskutiert werden. Ich versteh auch bis heute nicht, wieso sich hier keine ernstzunehmende (!) liberale Partei entwickeln kann.
Und obwohl ich das selbst gesagt habe hält mich das trotzdem nicht davon ab über jene Fraktion herzuziehen, die nicht aufgrund der Ausländerdebatte die FPÖ wählt, sondern aus reiner Freud am Hetzen. Und davon gibts ja genug. Zudem müsste man dann auch hinterfragen, wieso denn ein Wähler, dem dieses Thema ein besonderes Anliegen ist nicht das "gemäßigtere" BZÖ wählt, das ja nicht gar so radikal auftritt (ohne jetzt das BZÖ verteidigen zu wollen). Da wird ja offenbar nur der gewählt, der lauter brüllt.Hannes hat geschrieben: Aber es stimmt schon: Das Problem der Politik ist doch, dass man nur noch in Extremen zu denken scheint. Und wenn in Wien jemand ein Problem mit seinen ausländischen Mitbürgern hat (was sicherlich oft der Fall is), muss man sowas ernst nehmen und schauen, wie man da Lösungen finden kann, da dieser Wähler sonst in die Hände eines HC Strache getrieben wird, weil er meint, man nimmt ihn nur noch dort ernst.....
Und das die österreichische Parteienlandschaft erbärmlich ist, darüber muss wohl kaum diskutiert werden. Ich versteh auch bis heute nicht, wieso sich hier keine ernstzunehmende (!) liberale Partei entwickeln kann.
"Wenn sie auf der Toilette waren, werden sie sehr, sehr glücklich sein" - Lu Xiaoqing