Grundsatzdebatte Religion - Wissenschaft

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florianklachl
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Beitrag von florianklachl » Mi Jan 06, 2010 8:58 pm

Anton Z3ilinger im Presse-Interview über Religion/Wissenschaft, den Zufall, Wunder und Douglas Adams:
http://diepresse.com/home/science/53068 ... e/index.do


Kopernikus, Darwin, die moderne Gehirnforschung: Man gewinnt den Eindruck, die Naturwissenschaften rücken immer weiter vor – und die Theologie muss sich zurückziehen.
Das Bild stimmt einerseits. Aber andererseits darf man nicht vergessen, dass die Theologie sich nur dort zurückzieht, wo sie eigentlich nichts zu suchen hat! Wenn die Theologie klug wäre, würde sie dorthin gar nicht vordringen. Es bleiben ja genügend Themen, über die die Naturwissenschaft nichts zu sagen hat und – so wie ich das sehe – auch nie etwas zu sagen haben wird. [..]

Sie haben erwähnt, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Naturgesetze so zusammenspielen, dass Existenz möglich ist.

Das finde ich interessant: Es ist eine Tatsache, dass unsere Welt offensichtlich so konstruiert ist, dass also die Naturgesetze genau so beschaffen sind, dass Leben möglich ist. Es gibt etwa Untersuchungen, dass zum Beispiel Kohlenstoff nicht existieren würde, wenn die Naturkonstanten nur ein kleines bisschen anders wären. Kohlenstoff entsteht ja im Inneren von Sternen – und ohne Kohlenstoff kein Leben.

Dass etwas unwahrscheinlich ist, bedeutet noch nicht viel. Dass es ausgerechnet mich gibt, ist auch hochgradig unwahrscheinlich...
Aber wenn Sie nicht wären, dann wären da andere Menschen ... Das alles heißt übrigens noch nicht, dass es deshalb einen Gott geben muss! Aber ich finde das bemerkenswert. Es gibt übrigens Physiker, die in jedem einzelnen Wirken des Zufalls einen elementaren Schöpfungsakt sehen, weil sie sagen: Da entsteht etwas aus dem Nichts. Das ist eine reine Interpretationsfrage.

Das mit dem Zufall müssen Sie mir erklären: Wenn ich einen Würfel werfe, kann man das Ergebnis zufällig nennen, aber wenn ich alle Informationen hätte – über Geschwindigkeit, Fallhöhe, Winkel...
Dann könnte man das Ergebnis berechnen. Das ist der klassische Zufall. Das funktioniert in der Quantenphysik eben nicht mehr! Da hat auch der Würfel nicht die nötige Information. Es gibt keine tiefer liegende Erklärung dafür, warum ein Elektron sich verhält, wie es sich verhält. Ein Elektron kann einfach nur eine bestimme Menge an Informationen tragen – und wenn ich es zu etwas befrage, für das es die Information nicht trägt, wird die Antwort rein zufällig ausfallen. Es sagt irgendwas. So wie wenn ich einen Studenten etwas prüfe, der keine Ahnung hat, dann sagt er auch irgendetwas. Ob ein Teilchen nach links oder nach rechts fliegt – das ist also kein subjektiver Zufall, der daher kommt, dass ich nicht alles weiß, was ich wissen sollte, sondern ein objektiver Zufall. Es ist unmöglich, es vorherzusagen.

Und hier könnte man Gott finden?

Ein verbindender Gedanke aller Religionen ist ja der, dass es einen Gott gibt, der eingreifen kann in den Lauf der Welt, der jetzt – in diesem Moment– etwas verändern kann. Und dann stellt sich die Frage: Wie könnte er das anstellen? Jetzt gibt es natürlich die Möglichkeit eines Wunders, wie es von der Kirche postuliert wird. Damit habe ich mich nicht näher beschäftigt. Aber dieser objektive Zufall wäre tatsächlich eine Möglichkeit für Gott einzugreifen, ohne dass er mit den Naturgesetzen in Widerspruch gerät. Natürlich nur, wenn er das so selten macht, dass er die Gesetze der Wahrscheinlichkeit nicht verletzt. Wenn er alle Teilchen immer nach links lenken würde, müsste man irgendwann sagen: Da stimmt etwas nicht. [..]

Lesen Sie eigentlich Science-Fiction?
Ja, zum Beispiel Michael Crichton, das ist ein hochinteressanter, brillanter Autor. „Time Line“ etwa handelt von ein paar Archäologen, die sich ins Mittelalter beamen. Gut gefallen hat mir auch sein „State of Fear“ – über eine Gruppe Umweltfanatiker, die künstliche Katastrophen produziert und unsere Welt in Angst und Schrecken versetzt. Was ich ja absolut nicht verstehe, ist dieser Kulturpessimismus, diese Technikfeindlichkeit: Wenn Leute meinen, wir steuern wegen der Auswirkungen der Technik auf das Ende einer bewohnbaren Erde, das Ende des Lebens, das Ende der Menschheit zu. Da muss ich nur sagen: Ihr leidet an gewaltiger Selbstüberschätzung. Das kann der Mensch gar nicht. [..]
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Beitrag von mastastefant » Sa Jan 09, 2010 3:37 pm

Stephen Fry über Philosophie, Gott und Ethik:
http://bigthink.com/ideas/17864

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Brett
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Beitrag von Brett » Mo Jan 11, 2010 7:36 pm

[quote="Z3ilinger"]Das ist der klassische Zufall. Das funktioniert in der Quantenphysik eben nicht mehr! Da hat auch der Würfel nicht die nötige Information. Es gibt keine tiefer liegende Erklärung dafür, warum ein Elektron sich verhält, wie es sich verhält. Ein Elektron kann einfach nur eine bestimme Menge an Informationen tragen &#8211]
Heut hat mich beim Essen der K. gefragt: "Gibt es eigentlich Zufälle?"
Ich hab grad an was völlig anderes gedacht und mehr beiläufig gesagt "Naja, schon."
"Ah okay, dann haben die beim Kung Fu Panda nicht recht gehabt. Da sagt nämlich einer 'Es gibt keine Zufälle!'"
"Ahso?"
"Ja. Aber der ist eine Schildkröte. Schildkröten sollten eigentlich nicht reden können." ... denkt kurz nach ... "und überhaupt ist es ja ein Zeichentrickfilm."
***

Muss total aufregend sein, wenn Fiktion und Realität noch so nah beinander liegen und man erst im Grübeln den Unterschied sieht. Ich denk mir, das ist bei uns "fortgeschrittenen" Kindern im Grunde bei manchen Themen noch immer so - bloß fehlen uns in Relation die Erwachsenen, die sagen, wie was gehört. Für den Zweck find ich einen Gott als Abhilfe schon okay! Wenn ich den Z. richtig verstanden hab, ist es auch das, was er sagen wollt.
Forma, Eier Gnodn.

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Beitrag von mastastefant » Di Jan 12, 2010 4:22 pm

Hrhr, der Zeilinger mit seinen präzisen Beispielen :)
So wie wenn ich einen Studenten etwas prüfe, der keine Ahnung hat, dann sagt er auch irgendetwas.
Es gibt von ihm einen Beweis, dass es bei Quanten echten Zufall gibt, also Ereignisse ohne irgendeinen kausalen Ursprung, bekannt oder unbekannt. Habs allerdings nicht ganz verstanden und schon längst wieder vergessen wie der Beweis geht.

Allerdings spielt sich das im subatormaren Bereich ab, und ist daher nicht gerade Alltagsrelevant (find ich), wenn man nicht grad Teilchenphysiker ist. Sobald mans mit mehr als ein paar ein paar Teilchen zu tun hat (z.b. einem Studenten), wird das wohl in der Statistik untergehn und man bekommts mit klassischer Newtonscher Kausalität zu tun, bzw. mit statistischen Korrelationen, und Zufall reduziert sich wieder auf die Frage, ob man genügend Information über den Zustand des Objekts hat (z.b. ob man beim Student weiß, was dem grad durch den Kopf geht, durch irgendwelche (wenn vllt auch falsche) Erinnerungen und Begriffs-assoziationen).

Damit sich so ein subatomarer Zufall wirklich im großen Stil auswirkt, wird man schon recht kontrollierte Bedingungen (ala Schrödingers Katze) oder viel Glück (Zufall im kombinatorischen Sinn) brauchen :)

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Beitrag von Cannibal » Di Jan 12, 2010 4:52 pm

Damit sich so ein subatomarer Zufall wirklich im großen Stil auswirkt, wird man schon recht kontrollierte Bedingungen (ala Schrödingers Katze) oder viel Glück (Zufall im kombinatorischen Sinn) brauchen
Siehe Beginn von von Raum und Zeit. :schlumpf: ;)

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Beitrag von florianklachl » Mo Jan 18, 2010 5:16 pm

Brett hat geschrieben:Muss total aufregend sein, wenn Fiktion und Realität noch so nah beinander liegen und man erst im Grübeln den Unterschied sieht. Ich denk mir, das ist bei uns "fortgeschrittenen" Kindern im Grunde bei manchen Themen noch immer so - bloß fehlen uns in Relation die Erwachsenen, die sagen, wie was gehört. Für den Zweck find ich einen Gott als Abhilfe schon okay!
das ist auch würde ich sagen der Grund, warum es im Gebet heißt: "Vater unser im Himmel"

@masta_stefant:
sog. kohärente Quantenzustände gibt es auch auf atomarer Ebene und lassen sich, wie ua. von Z. gezeigt, auch auf molekularer Ebene verwirklichen. Deren Auswirkungen können schon beträchtlich sein: bekanntlich reichen theoretisch ein paar rechts- statt linksdrehende Teilchen in Kamtschatka, um zu bewirken, dass es ein paar Tage später auf der Windisch-Hütte hagelt und nicht bloß regnet. Quantenfluktuationen in deinem Hirn können auch ausschlaggebend dafür sein, ob du Hunz oder Kunz sagst (vorausgesetzt, du musst dich für eines entscheiden und hast keine Präferenzen).
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Brett
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Beitrag von Brett » Sa Jan 30, 2010 12:20 pm

florianklachl hat geschrieben:das ist auch würde ich sagen der Grund, warum es im Gebet heißt: "Vater unser im Himmel"
Hier dasselbe, auf den Koran umgelegt:
http://www.youtube.com/watch?v=Y_krwGNiB34#t=1m58s

Der Witz ist halt, der Kindesvater ist ja real, aber was man alles als Erwachsener "auf Gott schiebt", ist ja im Prinzip jedem selbst überlassen.
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Beitrag von florianklachl » So Feb 07, 2010 3:27 am

ein Unterschied ist aber, dass sich nach christlicher Auffassung der Glaube und Gott nur durch die Vernunft erschließen lassen. Für einen Christen lässt sich daher beispielsweise die Rechtfertigung eines Jihad nicht auf Gott schieben.
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Brett
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Beitrag von Brett » So Feb 07, 2010 8:27 pm

Oje, was ist Vernunft?
Und Moslems sind da auch nicht einhellig, was den Jihad angeht ...
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Beitrag von mastastefant » So Feb 07, 2010 9:56 pm

Nunja, Religion und Vernunft ... kein Kommentar:
http://www.euroweeklynews.com/201002047 ... s-man.html

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